Vergangene Anlässe
Hier finden Sie Kurzberichte über durchgeführte Anlässe des Rittersaalvereins.
Exkursionsbericht des Rittersaalvereins vom Samstag, 24. August 2024, nach Büren a.A.
Besuch im historischen Städtchen
Die dritte Exkursion des laufenden Jahres führte die Mitglieder des Rittersaalvereins ins historische Aarestädtchen Büren a.A. Über 30 Mitglieder des Vereins folgten der Einladung.
Bereits in der Einführung konnte Markus Schär, der zusammen mit Claudia Witschi die Führung übernahm, nachweisen, dass Burgdorf und Büren a.A. im Mittelalter einige gemeinsame historische Wurzeln haben: Burgdorf wurde von den Zähringern gegründet, Büren a.A. von den Strassbergern. Die Strassberger wiederum waren ein süddeutsches Adelsgeschlecht. Sie traten um 1180 als Zeugen im Gefolge der Zähringer in Erscheinung. Urkundlich wurde Büren a.A. erstmals 1185 erwähnt; dies wird auch als Gründungsjahr für das Städtchen genommen. Während Burgdorf nach dem Tode Berchtolds V. direkt an die Kyburger ging, nahm Büren a.A. vorerst den ‘Umweg’ über das Grafenhaus Neuenburg-Nidau. Dieses erteilte den Bürenern 1288 die Handfeste; Burgdorf hatte diese 1273 erhalten. 1375 kam Büren infolge Erbgangs dann auch unter Kyburger-Herrschaft. Burgdorf wurde 1384 bernisch; Büren nur wenige Jahre später, nämlich 1388. Die Berner-Truppen versuchten zwar bereits 1386 das Städtchen einzunehmen; dieser erste Versuch misslang ihnen aber.
Nach dieser allgemeinen Einführung waren die Schwerpunkte des Besuchs den Bauwerken Kirche, Schloss und Rathaus gewidmet. Bürens (reformierte) Stadtkirche fand bereits bei der Gründung 1185 Erwähnung. Eigentlich spielte sie im Verlaufe der frühen Jahrhunderte in Büren aber lange Zeit eine untergeordnete Rolle. Den Rang lief ihr die Taufkapelle in Oberbüren ab. In diesem Gotteshaus wurden totgeborene Kinder – deren Seelen nach dem damaligen Glauben in die Vorhölle kamen und Unheil brachten – vermeintlich zum Leben erweckt. Durch ein wundertätiges Marienbild konnte die Taufe vollzogen werden und die Leute, die übrigens sehr oft auch aus den umliegenden Ländern nach Büren pilgerten, fühlten sich von der schweren ‘Erblast’ entbunden. Für Büren war das Ritual ein lukratives Geschäft. Handwerker und Kirchenleute profitierten gleichermassen von den Einkünften. Erst die Reformation schob dem Gebaren einen Riegel, wobei eigens ein Regierungsvertreter von Bern nach Büren reisen musste, um der ‘Tauferei’ ein Ende zu bereiten. Die Kapelle wurde anschliessend bis aufs Fundament abgebrochen und das Material zur Ausbesserung von schadhaften Stellen in den Städtchenliegenschaften verwendet.
Das markante Schloss im Unterstädtchen datiert aus dem Jahre 1623. Hier residierten seit 1391 die von Bern eingesetzten Schultheissen. Bern liess sich den Bau etwas kosten und beauftragte seine erfahrenen Leute Daniel Heintz (als Architekt) und Johannes Plepp (zuständig für die Fresken-Gestaltung). Markant sind die Fassadenmalereien, die von der militärischen Stärke Berns, von Frieden und Gerechtigkeit zeugen. Bei einer früheren Renovation wurden die Malereien überstrichen. Sie wurden zwar kopiert, gingen schliesslich in den Archiven aber doch verloren. So wurde bei der Schlosssanierung vor gut zwanzig Jahren vom Kanton ein Wettbewerb ausgeschrieben, mit dem Ziel, das Verlorengegangene durch eine zeitgenössische Interpretation zu ersetzen. Der visuelle Künstler Mercurius Weisenstein erhielt den Zuschlag, die acht Bildfelder künstlerisch zu gestalten und zwar mit den vier Elementen Erde, Feuer, Himmel, Luft und den vier Jahreszeiten.
Schliesslich fand sich die interessierte Gästeschar im Rathaus ein, wo noch heute die offen durchgeführten Gemeindeversammlungen stattfinden. Das Rathaus wurde um 1620 gebaut und in den 1950er-Jahren komplett renoviert. Im Keller kredenzte die Gemeinde Büren den Besucherinnen und Besuchern ein Apéro. Gemeinderat Tobias Jakob dankte den Gästen für ihr Interesse und überbrachte die besten Grüsse seitens der Behörden.
Text: Markus Schär; Fotos: Werner Lüthi
Exkursionsbericht des Rittersaalvereins vom Freitag, 14. Juni 2024, ins Gebiet Lochbach
Die vielseitige Geschichte des Lochbachs
Das auf Burgdorfer Boden gelegene Gebiet «Lochbach» kann mit einer eigentümlichen historischen Vergangenheit aufwarten: So scheint dieser abgelegene Ort auf die Persönlichkeitsstruktur der dort lebenden Menschen einzuwirken. Unzählige abenteuerliche Geschichten spielen und spielten sich hier ab.
Für diese Geschichten interessierten sich gut 60 Personen, welche auf Einladung des Rittersaalvereins den Weg in den Lochbach fanden. Viele dieser Neugierigen mochten sich an vergangene Zeiten erinnern, als an heissen Tagen unter dem kühlenden Blätterdach der Bäume im Garten des Restaurants Lochbach ein Eis, ein Bier oder eine Cola serviert wurde. Seit dem Jahre 2006 ist es hier still geworden. Das Restaurant schloss seine Tore, die Gebäude wurden zum Mietobjekt umgenutzt.
Aber nun zur bewegten Geschichte dieses Ortes, welche die beiden Exkursionsführer, Dominik Dähler und Werner Kugler, den Anwesenden näherzubringen versuchten:
- Das in den Felsen der Sandsteinfluh gehauene und gut erkennbare Kreuz begrenzte den östlichen Punkt des in der Handfeste von 1273 festgeschriebenen Areals, auf welchem den Burgdorfern Burgern das Recht auf die höhere Gerichtsbarkeit zugestanden wurde. Die seit alters her bestehende Liegenschaft des Lochbachs gehört somit in das engere politische Einflussgebiet der Stadt Burgdorf.
- Hier erteilte der Burgerrat im Jahre 1659 Johannes Dysli die Konzession zum Betrieb eines Bades und einer daran angegliederten Taverne. Während der nächsten 250 Jahre erfreute sich das Lochbachbad eines wichtigen Erlebnisortes der «gehobenen» Gesellschaft. Zur Blütezeit – unter der Leitung von Samuel Bodmer und seinem Neffen - wurde in 21 Badekammern à je 3 Holzwannen Erholung und Ruhe im warmen Wasser gesucht. Dass dabei Feste gefeiert, Wein im Übermass getrunken und anzügliche Sprüche geklopft wurden, erregte mehrmals die Aufmerksamkeit der städtischen Behörde. Zur Eindämmung von Exzessen wurden zeitweise Sonntags-Badeverbote erlassen. Zu dieser Zeit wurde der Anlage ein neues Gepräge gegeben: Auf dem Schlussstein des Torbogens ist noch heute das «Bodmerwappen» und die Jahrzahl 1723 gut erkennbar. Ebenfalls zu dieser Zeit wurde die eigentümliche am Turm angebrachte Figur des «Lochbachgrännis» angebracht: Ein Mann mit einem Hirschgeweih auf dem Kopf.
- Im Jahre 1791 kaufte John Harrisson, ein aus Birmingham stammender englischer Immigrant, den östlichen Teil des Lochbachareals - mittlerweile im Eigentum von Johannes Fankhauser - und errichtete dort eine direkt an den Felsen gebaute Stahlwarenfabrik. Der hinter der Fluh fliessende Busswilbach wurde gestaut und das Wasser durch einen bereits existierenden Schacht auf das Fabrikareal geleitet, wo ein oberschlächtiges Wasserrad die für den Betrieb der Maschinen benötigte Energie lieferte. Der Betrieb konnte - trotz der Gründung einer Aktiengesellschaft – nie erfolgreich betrieben werden. Die der Französischen Revolution folgenden unruhigen Zeiten wirkten nicht förderlich für das Unternehmen. Mehrere Handänderungen waren in der Folge zu verzeichnen.
- Eine Handänderung auf einem Teil des Areals begründete mit der Errichtung einer Bierbrauerei den Anfang einer über 100-jährigen spannenden Geschichte. Diese wurde im Jahre 1800 von Rudolf Schnell und Jakob Heggi mit der wahrscheinlichen Absicht nach einer Versorgung der Badegäste mit Bier gegründet. Der Betrieb florierte über 28 Jahre mehr recht als schlecht. 1828 kaufte Johann Schnell, Burger und Inhaber der kleinen Apotheke in Burgdorf, die Brauerei sowie die Fabrik von John Harrisson. Er benutzte die in grosser Zahl vorhandenen Felsenkeller als Ort für die Bierlagerung. Sein Sohn, Ferdinand Schnell, wird im Jahre 1858 Chef der Bierbrauerei. Er liess hinter den Badehäusern gegen den Lochbachweiher hin einen Anbau errichten, welcher 1882 eine wesentliche Erweiterung erfuhr. Nun begann die Bierproduktion so richtig zu florieren. Der Export von Bier erfuhr einen veritablen Aufschwung. Um der grossen Nachfrage nach Lochbachbier zu entsprechen, wurde in der Brauerei einer der ersten Telegraphenapparate in Burgdorf installiert. 1890 trat Ferdinand Schnell die mittlerweile vollumfänglich der Familie gehörende Liegenschaft des Lochbachs an seine vier Söhne ab. Sie beinhaltete 29 Gebäude, 13.5 ha Land und Wald. Der Brauereibetrieb wurde 1919 eingestellt.
- Zurück zum Apotheker Johann Schnell. Er errichtete 1828 auf dem Lochbachareal eine Bleiweissfabrik mit dem Namen «Schnell & Cie». Das aus Bleihydrocarbonat hergestellte Bleipigment lieferte ein seit dem Altertum bekanntes weisses Farbpulver. Es hat verglichen mit andern Weisspigmenten eine hohe Deckkraft, einen schönen Glanz und es trocknet rasch. Neben dem Bleiweiss wurden andere chemische Präparationen hergestellt, so etwa Zinkweiss, Buntfarben, Nitro- und Kunstharzlacke, Emaille und Tafelessig.
1927 zog sich die Familie Schnell aus allen Betrieben zurück und verkaufte das Lochbachareal. Damit endet eine spannende Firmengeschichte. - Die Firma Aebi Farben führte den Betrieb unter verschiedenen Namen weiter. Die Aebi & Co. Lackfarben AG sowie die Aebi-Color GmbH wurden 2013 liquidiert. Die im östlichen Teil des Lochbachareals gelegene Liegenschaft wurde daraufhin versteigert. Ein Käufer liess sich wegen den zu erwartenden hohen Sanierungskosten für die Altlastenentsorgung aber nicht finden. Die Liegenschaft wurde in der Folge als herrenlos ins Grundbuch eingetragen.
- 2021 beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte des Lochbachs: Der 29-jährige Jonas Lauwiner liess sich als Eigentümer der 5'842 m2 grossen Parzelle ins Grundbuch eintragen. Er entrümpelt die Gebäude, verpasst diesen eine sanfte Renovation und vermietet die Räume an interessierte Firmen oder Privatpersonen. Die Parzelle befindet sich in der Landwirtschaftszone und figuriert im Altlastenkataster.
Ich danke allen für die aktive Mithilfe bei der Exkursion. Namentlich: Dominik Dähler, Trudi Aeschlimann, Jürg Schweizer und Jonas Lauwiner.
Text: Werner Kugler; Fotos: Werner Lüthi
Exkursion des Rittersaalvereins vom Samstag, 2. März 2024, nach Basel
druckwerk - print and art
Der hohe Bestand an Druckexponaten in der umfangreichen Sammlung des Rittersaalvereins veranlasste den Vorstand zur Ausschreibung einer Fachexkursion in das in Kleinbasel gelegene «Atelier Druckwerk». Dieses Atelier wird von einem Verein betrieben. Verschiedene vordigitale Drucktechniken wurden besprochen und praktisch vor Augen geführt.
Den drei rotierenden Gruppen von je 7 Personen wurden folgende Techniken gezeigt:
Kupferstiche unter Anwendung der Kaltnadeltechnik. Dabei werden in eine ca. 1 mm dicke Kupferplatte mit einem sogenannten Grabstichel oder einem Wiegeeisen (Mezzotinta) Konturen gezogen.
Kupferradierungen: Dabei wird eine Bleistiftzeichnung auf eine vorgängig lackierte Druckplatte übertragen und anschliessend die gezeichneten Linien in die Lackschicht eingeritzt. Die Platte wird daraufhin in einem Säurebad (Eisenchlorid) geschwenkt. Dabei werden die Linien in die Platte eingeätzt.
Aquatinta-Technik: Eine gut polierte Kupferplatte wird mit Kolophonium- oder Asphaltstaub beschichtet. Darauf wird zur Fixation der «Staubpartikel» die Platte von unten erhitzt. Eine Ätzung der Platte ist die Folge. Durch Mehrfachätzungen können verschiedene Grautöne erzielt werden.
Vernis mou: Ein wachsweicher Säureschutz wird auf die Druckplatte aufgebracht. Anschliessend legt man ein Zeichenpapier auf den Abdecklack und zeichnet darauf das Motiv. Der Säureschutz wird an den gezeichneten Stellen von der Platte gehoben. Nun wird die Platte mit Salpetersäure geätzt, anschliessend gedruckt.
Die oben beschriebenen Verfahren werden dem Tiefdruck zugeordnet.
Bei der Lithografie handelt es sich um ein Flachdruckverfahren. Die gut polierten Kalkschiefersteine (vorwiegend aus Solnhofen stammend) feuchtet man mit Wasser an. Die zuvor mit dem Druckmotiv versiegelten Stellen verhindern das Eindringen des Wassers. Die danach aufgebrachte fettreiche Druckfarbe wird vom Wasser abgestossen, nicht aber vom Druckmotiv. Daraufhin kommt der Stein auf die spezielle Druckpresse.
Bei der Übertragung des Motivs auf den Stein verwendet der Lithograf eine Feder und aus Wachs, Fett, Seife und Russ bestehende Tusche. Die «Lithografiekreide» gibt es in Form von Stiften und vierkantigen Stäbchen. Um gute Druckresultate zu erreichen, mass der Stein ständig neu eingefärbt werden.
Die für die Demonstrationen verantwortlichen Personen zeichneten sich durch eine hohe Fachkompetenz aus. Sie konnten auf die zahlreichen aus den Kreisen der Teilnehmenden vorgebrachten Fragen stets eine gut verständliche Antwort geben. Die zwei Stunden verflogen so im Nu.
Das Rahmenprogramm enthielt eine Überfahrt mit der Fähre über den Rhein, ein Mittagessen im Restaurant Cafe Papiermühle, einen fakultativen Besuch des Papiermuseums oder einen Bummel auf die Münsterplattform (im Baslerjargon Pfalz genannt) sowie eine An- und Rückreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Einen herzlichen Dank an Peter und Olivia Greisler, von welchen die Idee für die Durchführung der Exkursion stammt. Sie haben mit ihrer hohen Fachkompetenz den 23 Mitreisenden einen grandiosen Tag beschert.
Text: Werner Kugler; Fotos: Werner Lüthi
Vortrag von Peter Niederhäuser für den Rittersaalverein
Fürstenpolitik versus Stadtfreiheit? 750 Jahre Handfeste von Burgdorf
Am 8. November trat der bekannte Mittelalterhistoriker Peter Niederhäuser im gut geeigneten Kirchgemeindesaal Neumatt vor ein sehr zahlreiches Publikum und referierte, aus aktuellem Anlass, zu diesem Thema. Peter Niederhäuser ist d e r Spezialist für die Geschichte der Grafenfamilie Kyburg. In gut verständlicher Formulierung schilderte er die Erbschaftsverhältnisse nach dem unerwarteten Tod von Herzog Berchtold V. von Zähringen, der ohne Nachkommen 1218 verstarb. Damit wurde sein ehrgeiziger Plan zerstört, ein Herzogtum rittlings über den Rhein zu gründen, das süddeutschen Raum und wesentliche Teile der Schweiz, von der Nordostschweiz bis an den Genfersee, umfassen sollte. Der Eigenbesitz der Zähringer ging an die Erben, diesseits des Rheins an die Grafen von Kyburg bzw., was altes Reichsland war, zurück an das deutsche Königtum, jenseits des Rheins an die Grafen von Urach. Was den Kyburgern blieb, war trotzdem sehr beachtlich. Für Burgdorf besonders: das Schloss sollte der Witwe Berchtolds als Sitz dienen, sie wurde jedoch in Süddeutschland unter Hausarrest gefangen gehalten, den Kyburgern war der fürstliche Sitz des um 1200 weitgehend neu erbauten Schlosses zu wichtig. Unglückliche Umstände, namentlich der Tod Hartmann V. ein Jahr nach dem Tod seines Neffen gleichen Namens, liess erneut hochadelige Damen ohne männliche Nachkommen zurück. Graf Rudolf von Habsburg, eigennützig, geschickt und getragen von der aufsteigenden Familie, vermittelte die Ehe der kyburgischen Erbtochte Anna mit Graf Eberhard von Habsburg-Laufenburg, die ihr Schwergewicht als Grafen von Kyburg-Burgdorf oder Neukyburg in den westlichen Teil des ehemaligen Herrschaftsgebiet verlegten, Burgdorf war und blieb Residenzort der alten und der neuen Kyburger. Wie die jüngst dendrochronolgisch ermittelten Daten zum Neubau der Hälfte der grossen Wehrmauer des Schlosses um 1300 belegen, waren die Grafen von Kyburg-Burgdorf keineswegs verarmt, sonst hätten sie diese grosse Bauleistung ebensowenig stemmen können wie den Umbau der Halle und die Ausmalung der oberen Schlosskapelle. Burgdorf profitierte von der Schlossresidenz, indem von dort wesentliche Aufträge an Handwerk und Gewerbe vergeben wurde. In diesem Rahmen ist auch die Verleihung der Handfeste zu sehen, die keineswegs eigens für Burgdorf neu verfasst wurde, sondern erhebliche Inhalte von älteren Handfesten anderer Städte übernahm. Erstaunlich ist die gepflegte, repräsentative Form des Schriftstücks, das den Rang der Aussteller ebenso verkörpern soll wie die Bedeutung der Stadt. Für Burgdorf blieb die Handfeste ein wichtiger Freiheitsbrief bis ans Ende des Ancien Régime 1798. Der Referent machte auf Eigenheiten dieses Dokuments aufmerksam, so etwa, dass das Wahlprozedere des Rates ungeregelt geblieben ist.
Verfasser: Jürg Schweizer
Öffentlicher Anlass des Rittersaalvereins Burgdorf vom Mittwoch, 6. September 2023
Burgernziele - Entlang der Grenzen der Gerichtsbarkeit im alten Burgdorf
Knapp 20 Personen versammelten sich am Abend beim Bahnhof Steinhof. Unter der Leitung von Werner Kugler, ehemaliger Domänenverwalter der Burgergemeinde Burgdorf, führte die Abendwanderung zu den noch sichtbaren Steinen des sogenannten Burgernziels. Im Jahre 1323 übertrug Graf Eberhard den Burgern von Burgdorf die Hoch- und Blutgerichtsbarkeit. Innerhalb des Areals der Burgernziele konnten die Mitglieder des 32er Rates nun auch über Vergehen wie Mord- und Totschlag richten.
Das Gebiet wurde vorwiegend an den Ausfallwegen der Stadt markiert. Es erstreckte sich vom Lochbach über die alte Walke am Einschlagweg (heute Giesserei Nottaris AG) zum Bleichegut (Einmündung der Burgergasse in die Emmentalstrasse). Von hier weiter zu dem mitten im Feld des früheren Lindenfeldgutes stehenden Steins (heute Berufsschule Burgdorf). In diesem Gebiet muss sich der alte Standort des Galgens befunden haben. Weiter zur Bernstrasse im Bereich des Bahnübergangs zum Friedhof, von dort zum heutigen Nationalkreisel (Weg nach Lyssach), von dort direkt zur Wangelenflue (Eyflue), von dort entlang der Emme bis zur Wynigenbrücke und von hier zurück zum Lochbach. Von den ursprünglichen Burgernzielen ist nur noch das grosse Kreuz am Felsen des Lochbachs am Originalstandort vorzufinden. Vier der restlichen Steine wurden – den baulichen Gegebenheiten angepasst - an neue Orte verlegt. So finden wir heute Burgernzielsteine an der Zähringerstrasse, auf dem Schönebüeli, bei der Localnet AG und beim Eingang des Schattenweges zum Restaurant Sommerhaus.
Der Galgen wurde in späterer Zeit auf das Schönebüeli verlegt, und zwar auf die Krete bei der heutigen Feuerstelle, gut einsichtbar von der Bernstrasse her.
Auf unserer Besichtigungstour begegneten wir auf dem Schönebüeli dem Dichter Hans Rudolf Grimm, welcher uns in witziger Weise Anekdoten über das Leben in früherer Zeit vortrug. Die Teilnehmenden konnten hier Einsicht in die Zehntpläne von Burgdorf nehmen. Auf diesen sind die genauen Standorte der Burgernzielsteine markiert. Die Pläne können auf der Internetseite des Burgerarchivs Burgdorf eingesehen werden.
Zum Thema der Burgernziele sei auf die Literatur verwiesen:
- Ochenbein, Rudolf; 1914, Aus dem alten Burgdorf.
- Heimatbuch Burgdorf, Band 2; 1938, Aufsatz von Karl Geiser: Von den Alemannen bis zum Uebergang Burgdorfs zu Bern.
- Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, Rechtsquellen des Kantons Bern, Zeiter Teil: Die Rechte der Landschaft Band 9
Verfasser: Werner Kugler; Fotos: Werner Lüthi
Öffentlicher Anlass des Rittersaalvereins Burgdorf vom Mittwoch, 16. August 2023
Macht und Recht in der Handfeste
22 Personen scheuten an diesem heissen Mittwochabend den steilen Aufstieg zum Schloss Burgdorf nicht, um an der vom Rittersaalverein und der Referentin Trudi Aeschlimann angebotenen Führung teilzunehmen. Der Spaziergang führte zu den Standorten, wo in kyburgischer und bernischer Zeit zu Gericht gesessen wurde, wo einst der städtische Rat tagte und am Markt gehandelt wurde.
Die am 29. September 1273 ausgestellte Handfeste ist nicht der erste Freiheitsbrief, den die Burgdorfer Bevölkerung von ihrer Herrschaft erhalten hat, frühere Ausgaben sind leider verloren gegangen. In den Jahren 1300, 1316 und 1322 stellten die Stadtherren neue, ergänzende Versionen aus. Es handelte sich jeweils um eine Art Verfassung, in der die Pflichten und Rechte der Stadtbewohnerinnen und -bewohner sowie gewisse Regeln zum Zusammenleben schriftlich festgehalten wurden.
Nach dem Burgdorferkrieg musste das verarmte Grafenhaus Kyburg-Burgdorf seine Städte Thun und Burgdorf 1384 an die Stadtrepublik Bern verkaufen. Aus der Grafschaft Burgdorf wurde das Schultheissenamt Burgdorf. Die Stadt Burgdorf konnte ihre bisherigen Privilegien auch unter bernischer Herrschaft behalten, darunter das 1323 von den Kyburgern gewährte Privileg der Hohen Gerichtsbarkeit innerhalb der Burgernziele (Gemeindegrenzen). Auf Schloss Burgdorf war ab 1384 der bernische Schultheiss zuständiger Richter für die im Schultheissenamt Burgdorf von der Landbevölkerung begangenen schweren Straftaten. Der sogenannte Landtag (Hoch- oder Blutgericht) fand einst unter freiem Himmel vor Publikum statt. Der Schultheiss sass auf seinem Richterstuhl bei der Gerichtslinde im Hof und verkündete dem hinter einer Schranke stehenden Missetäter das Urteil. Zum Tode Verurteilte aus Oberburg, Wynigen usw. wurden anschliessend in einer Prozession über den Armsünderweg zur Hinrichtungsstätte auf dem Galgenbühl – heute Schönebüeli – geführt.
Die schriftliche Überlieferung zur Geschichte unserer Stadt ist für die Frühzeiten dürftig. Deshalb ist man um jede Namensnennung in alten Dokumenten froh. Wird z.B. die «Obere Burg» bzw. Oberburg erwähnt, belegt das die Existenz einer «Unteren Burg» (in Burgdorf). In der Handfeste von 1322 wurde das als «Alter Markt» bezeichnete Gelände nördlich des Schlosses rechtlich zum Stadtgebiet geschlagen, wo es unterdessen einen «neuen» Markt gab.
Die Stadt Burgdorf wurde um 1200 in der Nähe einer bestehenden Überlandstrasse angelegt. Die heutige Schmiedengasse in der Oberstadt ist wohl ein Teilstück dieser alten Verbindung. Die Gründungsstadt umfasste neben der Schmiedengasse das obere Kirchbühl. Diese beiden eher breiten Gassen eigneten sich auch für die Abhaltung von Märkten. Bereits im 13. Jahrhundert wurde die ummauerte Stadt um Hohengasse, unteres Kirchbühl und Rütschelengasse erweitert. Das Marktgeschehen verlagerte sich ans untere Kirchbühl und an den heutigen Kronenplatz.
Das erste städtische Kaufhaus stand an der oberen Hohengasse. In diesem Gebäude konnte man am Trockenen mit empfindlichen Waren wie Tuch oder Getreide handeln. Dort mussten zudem alle Waren gemessen, gewogen und verzollt werden. Dazu benutzte man das eigene Masssystem von Burgdorf (nachgewiesen seit 1310), das leicht abweichend vom bernischen war. 1734 wurde – etwas versetzt - an der Hohengasse 6 ein neues städtisches Kaufhaus gebaut, gleichzeitig wurde der Gassenraum dort vergrössert.
1364 konnte die Stadt Burgdorf ein bestehendes Gebäude neben dem Untertor kaufen und dieses als Rathaus einrichten. Der Kleine Rat (der 12er) war als eigentliche Stadtregierung gleichzeitig Rats- und Gerichtsbehörde. In der Frühzeit fanden die Sitzungen des städtischen Blutgerichts unter freiem Himmel, auf der Gasse vor dem Rathaus statt. Es handelte sich um die Beurteilung von schweren Delikten gegen Leib und Leben, die innerhalb der städtischen Burgernziele begangen wurden.
1701 konnte die Stadt ein Nachbargebäude des Rathauses kaufen und liess am Platz der beiden alten Häuser von 1745 bis 1750 ein neues Rathaus als Stadthaus / Hôtel de Ville errichten. Darin hatte es Versammlungsräume für den Kleinen und den Grossen Rat der Stadt, eine Amtswohnung für den Kleinweibel sowie einen Gasthausteil mit Gesellschaftsräumen. Stadtschreiberei und Archiv befanden sich stets ausserhalb von Ratshaus/Stadthaus, zuerst in der Sakristei der Stadtkirche, dann in der (Burger-)Ratsschreiberei oben am Kirchbühl.
In der Handfeste von 1273 ist nie die Rede von Bestrafungen bei sittlichen Vergehen wie Ehebruch oder Gotteslästerung. Das war Sache der (katholischen) Kirche. 1528 wurde in der Republik Bern die Reformation durchgeführt. Der Staat übernahm das Vermögen der Kirche, aber auch deren Aufgaben im Sozial- und Bildungsbereich und führte ein Sittengericht ein. Die Sitzungen dieses Ehe- oder Chorgerichts fanden in der Regel alle zwei Wochen nach der sonntäglichen Predigt in den häufig dem Staat gehörenden Chorräumen der bernischen Kirchen statt. So auch in Burgdorf, obwohl unsere heutige Stadtkirche samt dem Chor kurz vor der Reformation von der Burgerschaft allein erbaut worden ist.
Verfasserin: Trudi Aeschlimann; Fotos: Hans Aeschlimann und Werner Lüthi
Öffentlicher Anlass des Rittersaalvereins Burgdorf vom Mittwoch, 28. Juni 2023
750 Jahre Handfeste - ihre Spuren in der Altstadt
Rund 40 Personen folgten der Einladung des Rittersaalvereins und des Referenten Jürg Schweizer, die Spuren der Handfeste in der Altstadt aufzusuchen. Die Besammlung in der Stadtkirche bot die Möglichkeit, über den Begriff der Handfeste, ihre Eigenheit, ihre Bedeutung, ihre Herkunft und ihre Funktion zu orientieren. Gleichzeitig konnte man sich ein Bild der zähringischen Gründungsstadt und der Grösse der gleichzeitigen Kirche machen, die weit grösser war, als 500 - 600 Einwohner erforderten, da sie in enger Abhängigkeit vom ebenfalls sehr grossen Schloss und seiner Funktion war.
Der Rundgang zeigte die Ostbegrenzung der Gründungsstadt und ihre rasche Vergrösserung um unteres Kirchbühl, Hohengasse und Rütschelengasse, offensichtlich waren die wirtschaftlichen Impulse der Handfeste intensiv genug. An dieser noch sehr gut ablesbaren Nahtstelle kamen auch Brot- und Fleischschaal zu liegen, Institutionen, die in der Handfeste vorgesehen waren. In unmittelbarer Nachbarschaft standen die Zunfthäuser zu Pfistern und zu Metzgern. Noch in der Mitte des 19. Jh. kam es zum repräsentativen Neubau der Metzgern, dessen kreuzgratgewölbte Halle sich im Bereich der Marktlaube fortsetzen sollte, wofür Stadtbauinspektor Robert Roller der Ältere der richtige Architekt war. Leider vereitelte die Einwohnergemeinde mit ihrem Sparfimmel die einheitliche Erscheinung. Vom Vorgängerbau der Metzgern kündet ein schönes Renaissance-Relief in der Gaststube.
Ein weiterer Bau, der durch die Handfeste veranlasst war, ist das Kaufhaus, gleichzeitig Zollstation, heute in Form des spätbarocken Hauses Hohengasse 6; der Abbruch des Vorgängerbaus vergrösserte den Kronenplatz gegen Haus Nr. 8.
Wie in vielen anderen Städten erhielten auch die Burgdorfer Bürger in der Handfeste das Recht, vor ihren Häusern Bogen aufzurichten und darüber die Fassade zu Lasten des öffentlichen Raums vorzuziehen. In Burgdorf ist dieser Vorgang gut ablesbar, gibt es doch an der Hohengasse Häuser, die diesen Vorgang nicht vollzogen haben und wo die Fassade um Laubentiefe zurückliegt.
Wegen den Abgrabungen, um den steilen Stalden etwas auszugleichen, liegen die Lauben heute hier auf Niveau des 1. Stocks. Nicht erklärlich ist das Fehlen der Lauben am Kronenplatz, obwohl die Fassaden in der Flucht der Laubenhäuser stehen. Auffallend, dass in der Gründungsstadt Lauben komplett fehlen; offensichtlich war die Bedeutung der Eigentümer in der ersten Stadterweiterung während Jahrhunderten grösser.
In der Unterstadt, wo offenbar die Hofstätteneinteilung, wie in der Handfeste vorgesehen und für Erhebung der Liegenschaftssteuer ausschlaggebend, im Gründungsprozess doch zur Einteilung der Flächen wenigstens teilweise gedient hat, besuchten die Teilnehmer das seit 1836 bis 1985 als Schlachthaus dienende ehemalige untere Spital in Form einer grossen Kapelle. Ihr spätgotischer Chor ist noch gut abzulesen. Solche "Hotel Dieu", wie wir sie etwa in Beaune noch sehen, waren auch in der Schweiz üblich, jedoch sind fast alle Beispiele im 18. und 19. Jh. verschwunden, Burgdorf hat hier ein sehr seltenes Bauwerk bewahrt, dank der etwas seltsam anmutenden Umnutzung. Im vorderen Teil ist eine Reihe von Fleischverkaufsbuden der einzelnen Metzger aus der Zeit von 1835 erhalten geblieben. Die heutige Nutzung als Museum Bernhard Luginbühl setzt den Reigen der Umnutzungen sinnvoll weiter.
Verfasser: Jürg Schweizer; Fotos: Werner Lüthi
Ausstellung: Ein alter Vertrag neu interpretiert
Geschichte, Kunst und IT vereint in jungen Händen
«Ich bin tief beeindruckt von diesem Ergebnis und der intensiven Arbeit, die mehrere Monate gedauert hat». Mit diesen Worten wandte sich Edith Müller, Präsidentin des Rittersaalvereins an die Anwesenden, die zur Eröffnung einer speziellen Ausstellung ins Schloss Burgdorf gekommen sind.
Am Anfang stand eine Idee von Peter Greisler, ehemaliger Lehrer für Bildnerisches Gestalten am Gymnasium und Vorstandsmitglied des Rittersaalvereins: Das 750jährige Ur-Dokument der Stadt Burgdorf, die so genannte Handfeste, sollte von jungen Menschen neu interpretiert werden.
Oliver Lanz, Gestaltungslehrer am Gymnasium, machte die Idee seinen Schülern und Schülerinnen schmackhaft. Zwei Klassen mit dem Schwerpunktfach Bildnerisches Gestalten vertieften sich in die Materie und setzten sich mit anspruchsvollen Fragestellungen auseinander: Was war überhaupt der Sinn und der Zweck dieser Handfeste? Wie würde das umfangreiche Schriftstück als «Vertrag» zwischen Obrigkeit und Bürgerschaft aktuell lauten? Wie müsste ein Dokument dieser Art heute veröffentlicht werden? Geschichtliche Fragen waren zu beantworten und mittels neuartigem Grafikprogramm und hohen Ansprüchen an die Gestaltung und an die Aktualität zu einem Plakat zu verarbeiten. Erschwerende Rahmenbedingung: Es sollten nur die Farben der Stadt Burgdorf, Gelb -Schwarz - Weiss verwendet werden.
Anlässlich einer Vernissage im Schloss Burgdorf sind die jungen Künstlerinnen und Künstler geehrt und ihre Werke vorgestellt worden. Oliver Lanz freute sich über die qualitativ hochstehenden Arbeiten seiner Schülerinnen und Schüler und über deren motivierte und leidenschaftliche Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung.
Wer die Ausstellung vor dieser eindrücklichen Kulisse besichtigen will, hat noch bis 7. Juli Zeit. Anschliessend werden die Plakate während rund eines Monats über die Stadt verteilt zu besichtigen sein.
Verfasser: Hans-Peter Ryser; Fotos: Hans-Peter Ryser, Werner Lüthi
Öffentlicher Anlass des Rittersaalvereins Burgdorf vom Mittwoch, 17. Mai 2023
Erben der Zähringer - die Grafen von Kyburg und die Stadt Burgdorf
Rund 40 Personen folgten der Einladung des Rittersaalvereins zur aufschlussreichen Führung von Dr. Armand Baeriswyl, Mittelalterarchäologe beim Archäologischen Dienst des Kantons Bern. Thema waren die Grafen von Kyburg, die älteren wie die jüngeren Kyburg-Burgdorf. Wie sind diese mit dem baulichen Erbe der Herzöge von Zähringen umgegangen? Wie haben sie die Burg ihren Bedürfnissen angepasst?
Auf Initiative der neuen Stadtherren, der Kyburger, wurde unsere Stadt vor Mitte des 13. Jahrhunderts erweitert. Diese Erweiterung schloss die Lücke zwischen der Gründerstadt der Zähringer und dem Burgareal. Diese erste Stadterweiterung wurde wahrscheinlich nach dem Herrschaftsantritt von Hartmann IV, spätestens im Jahr 1224, vorgenommen.
Die zähringische Kernburg mit den drei Hauptbauten Bergfried (Wehrturm), Palas (Wohnbau) und Halle (Versammlungsbau) prägten das Bild des Schlosses noch heute. Die kyburgischen Veränderungen der Burg fallen in den Zeitraum nach 1250. Vor allem die beiden Grafen, Hartmann V. von Kyburg und Eberhard von Habsburg-Laufenburg, traten dabei als Bauherren in Erscheinung.
Hartmann erneuerte die nördliche Ringmauer mit Bossenquadern und verstärkte sie mit zwei Halbrundtürmen. Bemerkenswert ist auch der Bau eines Torturms mit grossem Spitzbogenportal, welcher den Zugang zur Burg, ohne die Stadt betreten zu müssen, direkt vom Sagitor am Mühlebach ermöglicht hätte. Der Tod von Hartmann führte wahrscheinlich dazu, dass das Tor nicht fertiggestellt worden ist und wieder zugemauert wurde.
Unter Graf Eberhard erfolgte im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts die Modernisierung der zähringischen Halle. Neben dem Einbau von zusätzlichen Fenstern in der Halle erstellte er ostseitig einen Anbau, welcher vermutlich als Vorhalle diente. In den 1970er-Jahren wurde auf diesem Grundriss das Wohnhaus für den ehemaligen Gefängniswärter erstellt.
Mit grossem Interesse folgten die Teilnehmenden den spannenden und unterhaltsamen Ausführungen von Dr. Armand Baeriswyl, welcher auch zahlreiche Fragen der Anwesenden treffend beantwortete.
Verfasser und Fotos: Werner Lüthi
750 Jahre Handfeste
Mai- und Flohmarkt
Märkte spielten im Mittelalter eine grosse Rolle. Die Regelung der Märkte war auch ein zentrales Element in der Handfeste. Zum 750 Jahr-Jubiläum der Handfeste liess die Stadt die Markttradition mit einem gemeinsamen Mai- und Flohmarkt aufleben.
Am Samstag, 13. Mai 2023, wurden an über 70 Flohmarktständen Gebrauchswaren aller Art angeboten. Es konnte bestaunt und um den Preis gefeilscht werden. Sammlerinnen und Sammler fanden vielleicht ein besonderes Objekt, welches sie nun zuhause in einer Vitrine präsentieren und sich über den günstigen Kauf freuen können.
Der Rittersaalverein informierte über seine Tätigkeit. Er bewahrt, pflegt, ordnet, erschliesst und ergänzt seine über 60'000 Objekte umfassende Sammlung von Gegenständen, die von der Geschichte der Stadt und der Region Burgdorf zeugen. Ihm gehören rund 300 Personen an, welche sich für die Geschichte der Stadt und der Region Burgdorf interessieren und sich je nach Möglichkeiten zugunsten der reichhaltigen Sammlung einbringen.
Interessierte konnten sich gleich als Mitglied anmelden. Mitglieder profitieren von Führungen, Exkursionen und Gratiseintritt ins Museum Schloss Burgdorf.
Verfasser und Fotos: Werner Lüthi
Exkursion des Rittersaalvereins vom Samstag, 27. August 2022
Der Kleehof in Kirchberg
Gut 20 Mitglieder des Rittersaalvereins folgten der Einladung zur Besichtigung des in Kirchberg gelegenen Herrenhauses, bekannt unter dem Namen Tschiffeli- oder Dubois-Gut. Unter kundiger Führung von Samuel Sommer, ehemaliger Mitarbeiter der kantonalen Denkmalpflege, fand eine eingehende Besichtigung des Herrenhauses und der Gartenanlage statt.
Johann Rudolf Tschiffeli kaufte 1761 das heruntergekommene Landgut «Kleegarten» und baute es in den folgenden Jahren zu einem Muster-Landwirtschatsbetrieb um, indem er mit neuen Kleesorten, Gips und Mergel den Boden düngte und damit dessen Ertragsvermögen in kurzer Zeit erhöhte. Die höheren Erträge erlaubten eine Vergrösserung des Viehbestandes. Dank der Stallfütterung des Viehs im Sommer konnte mit dem Bau von Jauchegruben zusätzlich wertvoller Dünger produziert werden. Die Grundlagen der ersten Agrarrevolution waren geschaffen.
Mit der Gründung der ökonomischen Gesellschaft im Jahre 1758 (heute Ökonomische Gemeinnützige Gesellschaft OGG) sorgte Tschiffeli für eine vertiefte Diskussion seiner Ideen. Seine Schriften fanden eine weltweite Verbreitung.
Tschiffeli liess durch den bekannten Architekten Niklaus Sprüngli die beiden am alten Riegbau angegliederten Pavillons erstellen. Im Jahr 1770 verkauft der Besitzer das Gut an Hauptmann Ludwig Philibert Sinner. Dieser lässt durch Architekt Ahasver Carl v. Sinner, einem entfernten Vetter, den alten Riegbau zwischen den Pavillons ersetzen: Erbaut wurde ein nobler zweigeschossiger „Corps de Logis“ mit Walmdach. 1811 geht der Besitz an Philippe Heinrich Dubois von Le Locle über. Von ihm erwirbt 1830 Heinrich Roth, selber Grundbesitzer und Gemeindepräsident von Ersigen, das Gut. 1840 wird im östlichen Pavillon eine Bierbrauerei eingerichtet.
1959 kauft Alphonse Schoch den Kleehof. Nach einer umfassenden Renovation steht der Bau unter Schutz von Bund und Kanton.
Einen herzlichen Dank gebührt Frau Beatrice Schoch, heutige Eigentümerin des Hauses, für die zuvorkommende Gewährung des Hauszutritts.
Verfasser und Fotos: Werner Kugler
Exkursion des Rittersaalvereins vom Donnerstag, 16. Juni 2022
Projekte zur Förderung der Biodiversität rund um Burgdorf
Der ehemalige Oberförster und Domänenverwalter der Burgergemeinde Burgdorf führte die kleine Teilnehmerschar zusammen mit dem Leiter von Stadtgrün Burgdorf, Herr Alain Spart, über das Wallensteintäli und das Schönenbüeli. Thematisiert wurde die fortschreitende Abnahme der Biodiversität in der Schweiz und weltweit. Anhand von gelungenen Projekten konnten den Anwesenden die in den letzten Jahren getätigten Anstrengungen vor Augen geführt werden.
Alle im Raum tätigen Eigentümer (Behörden, Private, Landwirte, Interessengruppen etc) müssen von der Notwendigkeit zum Handeln überzeugt sein. Dem Austausch von Wissen und Erfahrungen unter den Akteuren muss eine vorrangige Priorität eingeräumt werden. Aufwertungsbiotope bedingen zur Entfaltung ihrer Wirkung der Vernetzung von Strukturen.
Diskutiert wurden die von Stadtgrün Burgdorf entlang der Tennisplätze angelegte Hecke, der von der Burgergemeinde gepflegte, parallel zum Obertalweg verlaufende Waldrand sowie der seit über 40 Jahren nicht mehr bewirtschaftete dem Waldrand anschliessende Wald.
In dem auf dem Schönenbüeli gelegenen Grüebli wurde die vom Naturschutzverein untere Emme angelegten Feuchttümpel begutachtet. Hier fehlt das Vernetzungselement, weshalb im Biotop kein grösserer Austausch unter Amphibienpopulationen möglich ist.
Ein wichtiges Element in der Biodiversitätsförderung stellen die Buntbrachen dar. Hier haben Kleintiere, Vögel und Insekten einen Lebensraum, welcher durch die Bewirtschaftung nicht gestört wird. So können sich störungsempflndliche Arten wie die Feldlerche niederlassen.
Verfasser: Werner Kugler; Fotos: Werner Lüthi
Exkursion des Rittersaalvereins vom Samstag, 20. Mai 2022
Besuch des Herrenhauses «Wilder Mann» in Wynigen
Das in Wynigen direkt neben der Dorfkirche gelegene Haus zum Wilden Mann gehört unbestrittenermassen zu einem der schönsten Gebäude im Ort. Die beiden Eigentümer – Silas Bürgi-Zentner und Alain Zentner haben in enger Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege mit viel Liebe zum Detail dem Gebäude ein gepflegtes Gepräge gegeben.
An einem von Silas Bürgi-Zentner geschickt konzipierten 2 ½ stündigen Rundgang wurde den 18 anwesenden Mitgliedern des Rittersaalvereins die Kostbarkeiten des Gebäudes vor Augen geführt: Die Architektur des Gebäudes mit der streng geometrischen Gliederung der Struktur von der Strassenseite aus betrachtet, die beiden grosszügig bemessenen Gewölbekeller, das liebevoll gestaltete Entree, die stilgerecht eingerichtete Gaststube sowie die übrigen Räumlichkeiten.
Der nicht aus der Gründungszeit stammende Anbau bietet Platz für Konzerte und Veranstaltungen.
Alle Teilnehmenden waren von den Ausführungen tief beeindruckt und nehmen Bilder mit, welche in der heutigen auf Funktionalismus hin gestalteten Gebäuden nicht mehr zu finden sind.
Vielen Dank für das schöne Erlebnis und die gespendete Erfrischung, Herr Silas Bürgi-Zentner.
Mehr Informationen: www.hauszumwildenmann.com
Verfasser: Werner Kugler; Fotos: Werner Lüthi
Exkursion des Rittersaalvereins ins Schlossmuseum Nidau vom Samstag, 16. Oktober 2021
Das Jahrhundertbauwerk - Geschichte der Juragewässerkorrektionen
Der regenreiche Sommer 2021 führte in den drei Jurasüdfussseen zu Höchstwasserständen. Überschwemmungen mit hohen Sachschäden konnten dank dem Jahrhundertbauwerk der beiden Juragewässerkorrektionen (1868 – 1891 bzw. 1962 – 1973) vermieden werden.
Die im Schloss Nidau gezeigte, permanente Ausstellung erzählt in anschaulichen Tafeln die visionäre Idee und Geschichte der Gewässerkorrektion auf. Unser Museumsführer brachte den 13 anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Rittersaalvereins die Überzeugungskraft und die Mühen des Arztes und Visionärs, Johann Rudolf Schneider aus Meienried, zur Realisierung des Projektes in eindrücklichen Worten näher.
Mit der Einleitung der Aare in den Bielersee, dem Bau des Nidau-Bürenkanals sowie den Uferbefestigungen der Zihl und der Broye senkte sich das Niveau der drei Seen um zwei Meter. Diese können nun - dank des in Port gelegenen Stauwehrs - ihre Aufgabe als Rückhaltebecken bei Hochwasser erfüllen und den Aargau vor Überschwemmungen bewahren. Gleichzeitig mit der Gewässerregulierung wurde das moorige Seeland trockengelegt und dient heute als eine wichtige Gegend zur Versorgung der Bevölkerung mit Gemüse.
Eine spezielle Rolle in der ganzen Geschichte spielt die Emme. Um mehr darüber zu erfahren, wird allen ein Besuch der Ausstellung im Schlossmuseum Nidau wärmstens empfohlen.
Verfasser: Werner Kugler; Fotos: Werner Lüthi